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Sonntag, 16. Februar 2014

"Ihre Hormone toben..."

Schonmal einen Newsletter zum Thema Schwangerschaft abonniert, um über die Entwicklung des eigenen Kindes auf dem Laufenden zu bleiben? Ich habe es getan, sogar mehrere davon landeten regelmäßig in meinem Posteingang. Dabei habe ich mich gleichzeitig köstlich amüsiert und geärgert. Wenn ich schon bei der Anmeldung auf einer der vielen tollen Informationsseiten angeben kann, dass ich männlich bin - warum bekomme ich Texte, die ganz eindeutig an die werdende Mutter gerichtet sind? Die Formulierungen sind ausschließlich so gestrickt, dass sich das weibliche Publikum angesprochen fühlt, während sich der männliche Leser wie ein Zaungast fühlt.
Da wurde mir anfangs mitgeteilt, dass meine Brüste jetzt langsam wachsen müssten und die Brustwarzen empfindlich werden könnten. Haha, danke für den Tipp. Später durfte ich lesen, dass mein Körper jetzt von Hormonen durchtobt wird. Zugegeben, Sympathieschwangerschaften sollen öfter mal vorkommen - aber ich würde es nicht unbedingt zur Regel erklären.
Deshalb eine Bitte an die Autoren solcher Newsletter: Bitte schreibt entweder zwei Textversionen (eine für werdende Mütter, eine für werdende Väter) oder formuliert sie so neutral, dass der Mann, der gern wissen möchte, wie sich sein Nachwuchs jetzt gerade entwickelt, sich nicht wie ein Spanner fühlt, der fremde Briefe liest.

Und damit komme ich zur nächsten Stufe: Auf richtigem Papier gedruckte Magazine zum Thema Kindererziehung. Eines davon habe ich abonniert, ich werde aber mal keine konkreten Namen nennen. Diese Magazine gehen wesentlich professioneller vor und schildern mehr aus der beobachtenden Perspektive. Natürlich gibt es auch da Themen, die naturgemäß eher für Frauen interessant sind, aber eine gewisse Ausgewogenheit ist zu beobachten. In dem Magazin, das ich da abonniert habe, ist sogar der sehr erfreuliche Trend zu beobachten, ganz bewusst Themen für Väter bieten zu wollen. Nur eine Sache stört mich wirklich sehr. Ich bin viel mit der Straßenbahn unterwegs und lese die Zeitung deshalb fast nur dort. Dabei ist es wirklich sehr, sehr peinlich, wenn ich eine Seite aufschlage und eine riesige Werbeanzeige zum Thema Scheidentrockenheit vor mir habe. Nein, das ist kein Einzelfall. Diese Zeitungen sind ganz offensichtlich nicht dafür optimiert worden, in der Öffentlichkeit gelesen zu werden. Das fängt bei den großen Überschriften an, geht mit den Bildern zum Artikel weiter und hört bei den erwähnten Werbeanzeigen auf. Ich finde es völlig in Ordnung, wenn meine Sitznachbarn sehen, dass ich ein derartiges Magazin lese, im Gegenteil. Dummerweise sieht man das eben nicht gleich. Manchmal sieht es aus, als hätte man ein Boulevardmagazin vor sich, manchmal... naja, nennen wir es "gynäkologische Fachzeitschrift". Kann man es nicht irgendwie so designen, dass auf jeder Seite klar sichtbar wird, dass hier ein aufgeklärter Mensch seine Straßenbahnzeit in Weiterbildung zum Thema Kindeswohl investiert?

Fazit: Die Medien, die sich auf Eltern spezialisiert haben, kennen ihr Publikum durchaus. Immer wieder liest man, dass zunehmend auch die Väter aktiv mitmischen wollen, wenn es um ihren Nachwuchs geht. Die gleichen Medien haben sich meiner Meinung nach aber noch nicht komplett auf diese "neue" Zielgruppe eingestellt. Ein positiver Trend ist zu erkennen, aber es gibt noch viel zu tun. Ich werde diese Entwicklung auf jeden Fall aufmerksam beobachten - und vielleicht später wieder darüber schreiben, wenn sich etwas verändert hat.

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