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Samstag, 14. Juni 2014

Was? Schon wieder 12 Monate vorbei?

Jetzt ist eine wichtige psychologische Grenze überschritten: Wir haben den ersten Geburtstag unseres Sohnes gefeiert. Ein ganzes Jahr ist einfach so verstrichen. Ich kann aber nicht behaupten, es sei einfach so unbemerkt an mir vorbei gegangen, schließlich ist naturgemäß eine Menge passiert. Deshalb komme ich um ein Resümee wohl nicht herum.Wie immer schreibe ich dabei nur aus meiner eigenen Papa-Perspektive.

Zunächst kann ich sagen: Ich bereue absolut nichts. Ein Kind haben zu wollen war vermutlich die beste Idee, die ich je in meinem Leben hatte. Wenn bis zum positiven Schwangerschaftstest noch irgendein Rest Ziel- oder Orientierungslosigkeit in mir übrig geblieben war, ist er danach komplett verschwunden. Es gibt da einen kleinen Sonnenschein, für den ich in hohem Maße verantwortlich bin und der bis zum Ende meines Lebens all mein Handeln und meine Pläne beeinflusst - später vielleicht nicht mehr so wie jetzt, aber er wird (hoffentlich) immer mit mir verbunden sein.
Diese 12 Monate waren für mich vermutlich prägender als ich es selbst wahrnehme. Aber ich merke doch, dass etwas anders ist. Ich sehe die Welt einfach mit anderen Augen, und auch meine Persönlichkeit hat sich irgendwie gewandelt. Vielleicht bin ich jetzt etwas konsequenter und selbstbewusster, vielleicht sind meine Entscheidungen jetzt etwas zukunftsorientierter. Ich kann nicht sagen, dass ich jetzt weniger gern auf Arbeit gehe (ich liebe meinen Job) oder dort weniger engagiert bin, aber die freie Zeit dazwischen hat jetzt einen ganz anderen Stellenwert. Natürlich habe ich mich schon vorher darauf gefreut, nach der Arbeit meine Frau wieder zu sehen. Jede freie Sekunde mit ihr habe ich genossen - und genieße ich immer noch. Aber dieser kleine Sonnenschein, der mir beim Öffnen der Wohnungstür entgegen getapst kommt und strahlend "bababa" ruft, ist einfach das Sahnehäubchen. Jeder Morgen beginnt (wenngleich etwas früh für meinen Geschmack, vor allem am Wochenende) mit einem vergnügt brabbelnden und lachenden Baby - was kann den Tag da noch verderben? Wenn man einen Menschen dabei hat, für den alle paar Minuten etwas zum ersten Mal im Leben geschieht, ist jeder noch so kleine Spaziergang etwas Besonderes. Das Leben ist einfach intensiver geworden.
Viele Dinge sind natürlich auch mir zum ersten Mal passiert: Ich habe einen Kreißsaal betreten, eine Nabelschnur durchgeschnitten, einen Kreißsaal als Papa verlassen, mein eigenes Kind in einem Kinderwagen mit der Straßenbahn nach Hause gebracht... das waren jetzt nur ausgewählte Momente der allerersten Tage, auf die ungefähr weitere 360 Tage folgten, die nicht viel weniger bedeutsam waren. Wer das nicht kennt, wird es vermutlich nicht verstehen.
Ich kann jetzt endlich mit tiefer Stimme "ICH BIN DEIN VATER" sagen (natürlich inklusive Atemgeräusche), ohne zu lügen. Ich habe merkwürdige Sätze wie "Nimm doch bitte mal deinen Fuß aus dem Mund..." formuliert, kann inzwischen recht sicher Windeln wechseln und mit zunehmender Sicherheit Kleidungsstücke über den Kopf eines wild strampelnden Kindes streifen. Ich lebe jetzt mit einem Menschen zusammen, der bei jedem erdenklichen Unsinn in ein lautes, absolut ansteckendes Lachen ausbricht und mit dem man stundenlang das Ich-schmeiß-irgendwas-runter-und-du-hebst-es-auf-Spiel spielen kann. Neulich haben wir damit ein ganzes Einkaufszentrum unterhalten - von den vielen lustigen Episoden in der Straßenbahn ganz zu schweigen. Ich gehe öfter spazieren - besonders vom Wohnzimmer in die Küche und zurück, während mich jemand am Zeigefinger hinter sich her zieht.

So ein erster Geburtstag bringt zwangsläufig viele solcher Gedanken mit sich, fernab der Planung der eigentlichen Feier. Die haben wir ganz unkompliziert in unseren wundervollen Leipziger Wildpark verlegt: Kaffee trinken in der Wildparkgaststätte, dann ein ausgedehnter Spaziergang an den Wildtiergehegen vorbei. Oft wurden wir daran erinnert, dass unser Sohn ohnehin nicht viel von seinem ersten Geburtstag habe und er davon nicht viel mitbekäme. Ich behaupte aber, dass er durchaus seine Freude an diesem Tag hatte. Die Wildschweine mit ihren Frischlingen erregten jedenfalls seine Aufmerksamkeit, und beim Füttern des Damwildes hatte er sichtlich Spaß. Die Tiere waren sogar zutraulich genug, um sich von ihm berühren zu lassen.

Nun ist der Geburtstag vorbei. Das Kind schläft und erholt sich von den vielen Eindrücken des Tages. So wenig wie er ein Gefühl für die inzwischen verstrichene Zeit hat, nehme ich ihn anders wahr als gestern. Dieses wundervolle Wesen hat sich in nur einem Jahr (streng genommen schon während der Monate vor seiner Geburt) einen festen Platz in meinem Herzen erobert, der ihm bis zu meinem Lebensende gehören wird. Sicher besteht zwischen ihm und seiner Mama ein Band, das unseres noch übertrifft, aber die bedingungslose Liebe, die er mir entgegen bringt, erwidere ich ebenso bedingungslos.
Alles Gute zum Geburtstag, kleiner Mann!

Donnerstag, 24. April 2014

In kleinen Schritten denken

Nach einer großartigen Steilvorlage vom befreudeten Blogger Henning Uhle, die wiederum auf einem ebenfalls lesenswerten Artikel über elterlichen Perfektionismus von Thomas Gigold basiert, möchte ich gern auch ein paar Worte zum Thema verlieren.
Es geht um die den meisten Eltern sicher nicht unbekannte und durchaus verständliche Neigung, dem eigenen Kind die vollkommene Erziehung angedeihen zu lassen. Alles wird durchgeplant, möglichst viele verschiedene Erfahrungen stehen auf dem Programm und die Eltern leiden ständig unter selbst erzeugtem Druck. Ist das nötig? Definitiv nicht. Darin stimme ich sowohl mit meinen Vorrednern als auch dem Printmagazin, das ich abonniert habe, überein. Ich möchte an dieser Stelle vor allem auf den Punkt der "Planung" eingehen.

Perfektion impliziert, dass es genau einen richtigen Weg gibt. Gäbe es weitere Wege, wäre ja irgendwas falsch an diesem einen. Zumindest gibt es dann genau ein perfektes Ergebnis, an dem rein gar nichts auszusetzen ist. Sehen wir uns aber die unglaubliche Bandbreite an Erziehungsmodellen an (im Prinzip erfährt jedes Kind ein anderes Modell, selbst unter Geschwistern), dürfte es ja nur ein extrem geringer Bruchteil aller Menschen im Leben zu etwas bringen.
Da dem nicht so ist, ist hier (wie auch in vielen weiteren Lebenslagen) Perfektionismus unnötig. Er überfordert sowohl die Eltern als auch die Kinder. Ebenso unsinnig wäre das genaue Gegenteil, nennen wir es "absolutes Desinteresse". Ein guter Erziehungsstil liegt wohl wie immer irgendwo in der Mitte zwischen beiden Extremen. Wenn das Kind über seinen Werdegang selbst bestimmt und dabei ein wenig angeleitet wird, passen gelegentliche "Kurskorrekturen" seitens der Eltern doch recht gut ins Konzept. Schließlich weiß das Kind nicht von Anfang an, welche Möglichkeiten es überhaupt hat und was später mal von Interesse sein könnte. Man sollte vielleicht nur vermeiden, sich selbst im Nachwuchs verwirklichen zu wollen und möglicherweise selbst verpasste Chancen dem Kind aufs Auge zu drücken, obwohl sich dieses in eine ganz andere Richtung entwickelt.

Damit kommen wir zu langfristigen Zielen.
Ich möchte mich gar nicht erst mit Beispielen wie "mein Kind soll Pianist werden" oder "mein Kind soll möglichst viele Länder bereisen" aufhalten. Es geht mir darum, wie man als Elternteil mit eigenen Erwartungen und der nicht immer komplett steuerbaren Entwicklung des Kindes umgeht, ohne selbst daran zu verzweifeln.
Wenn man mal an einem Seminar teilnimmt, das sich in irgendeiner Weise mit Erfolg, Selbsmotivation oder -organisation beschäftigt, lernt man, dass man in kleinen Schritten denken sollte. Natürlich sind langfristige Ziele wichtig, aber diese dürfen nicht zu präzise oder gar unerreichbar hoch gesteckt sein. Wenn der Weg zum Ziel irgendwo am Horizont einen Knick macht und immer noch weiter geht, verliert man schnell die Lust. Deshalb gilt die Regel: Das nächste Teilziel sollte kurzfristig erreichbar und realistisch sein. Wenn man dieses Ziel erreicht hat, gibt dieses Erlebnis den nötigen Motivationsschub für die nächste Etappe. Ebenfalls entscheidend ist, sich auf dem Weg immer mal wieder umzusehen und falls nötig neu zu orientieren. Möglicherweise sieht das Zwischenergebnis ganz anders aus, als erwartet. Vielleicht tauchen plötzlich größere Hindernisse auf, die das eigentliche Ziel infrage stellen. Hat man nur dieses eine Ziel im Auge, bricht im schlimmsten Fall ein ganzes Lebenskonzept zusammen. Ist man dagegen nur zwischen zwei Etappen stehen geblieben, kann man sich immer noch anders orientieren und auf dem bereits Erreichten aufbauen. Diese geistige Flexibilität tut nicht nur uns Erwachsenen gut, sondern mit Sicherheit auch unseren Kindern.
Von denen können wir dabei eine ganze Menge lernen. Wie schon im letzten Artikel erwähnt, bewundere ich meinen Sohn dafür, dass er sich mit so großer Begeisterung kleinsten Details widmet und dabei rundum zufrieden ist. Mangels größerer Aufmerksamkeitsspanne kann er sich in Sekundenbruchteilen umorientieren und sich für eine völlig andere Sache begeistern. Das gilt auch für Misserfolge: Kommt er an etwas nicht heran, scheint er sich manchmal kurz zu ärgern, findet dann aber sofort ein neues Objekt der Begierde.
Ein Erwachsener würde das möglicherweise mit Etiketten wie "Planlosigkeit", "Orientierungslosigkeit", "Konzentrationsmangel" oder "mangelndes Zielbewusstsein" versehen. Muss ich ihm das deshalb aberziehen? Nein, ich finde nicht. Im Gegenteil. Natürlich sollte er lernen, weiter entfernte Ziele im Auge zu behalten, und das wird er auch. Im späteren Leben und gerade bei der Arbeit ist es nicht unbedingt praktisch, wenn man von jeder Winzigkeit abgelenkt und aus dem Konzept gebracht werden kann. Die enorme geistige Flexibilität, die dieses Loslassenkönnen vom aktuellen Ziel mit sich bringt, halte ich aber für besonders fördernswert. Sie muss nur bewusst nutzbar gemacht und kanalisiert werden. Kombiniert mit dem Bewusstsein, wann man hartnäckig bleiben sollte und wann es sinnvoll ist, loszulassen, ebnet sich damit der Weg zu einem emotional ausgeglichenen Charakter, der sich von kleinen und mittelschweren Katastrophen nicht so leicht aus der Bahn werfen lässt.

Diese Erkenntnis möchte ich meinem Sohn gern mit auf den Weg geben. Ob er sie annimmt und erfolgreich umsetzt, kann ich jetzt noch nicht wissen. Deshalb gebe ich zumindest schrittweise mein Bestes, greife ihm wenn nötig unter die Arme, bleibe offen für Unvorhersehbares, freue mich über kleinere Erfolge und erwarte auf gar keinen Fall ein perfektes Endergebnis.
Ein guter Plan, oder?

Sonntag, 23. März 2014

Sie lassen einen nicht...

Irgendwo in seinem Känguru-Zyklus (ich glaube, es war "Das Känguru-Manifest") erwähnt Marc-Uwe Kling das Buch "Pu der Bär" von A. Milne. Das Känguru meint, es müsse am Ende des Werkes immer weinen. Ebendiese Erwähnung verleitete mich dazu, das Buch zu kaufen. Natürlich in der brillanten Übersetzung von Harry Rowohlt. Es steht jetzt mit dem Frontcover nach vorn im Bücherregal - eine besondere Auszeichnung, denn es verdeckt dadurch einige andere prominente Buchrücken.
Nun, bereut habe ich die Anschaffung definitiv nicht. Es ist eines der schönsten und (speziell am Ende) tatsächlich erschütterndsten Werke der Kinder- und Jugendliteratur, die ich je gelesen habe. Um es vorweg zu nehmen: Ich musste am Ende auch weinen. Beim Vorlesen. Wie gut, dass ich es vor meinem Sohn verstecken konnte, denn diese Gefühlsregung hätte die Gutenachtgeschichte nicht unbedingt positiv abgerundet.
Ich dachte nicht, dass mich nach "Peter Pan" nochmal ein derartiges Buch so beeindrucken könnte. Peinlich ist es mir übrigens nicht.Zu meiner aktiveren Zeit als Poet war das für mich immer eine Art Sensor für ein gelungenes Werk: Wenn ich nach dem Schreiben einen Kloß im Hals hatte, wusste ich, dass es fertig ist.

Aber der Reihe nach: Ich war schon immer fasziniert von der kindlichen Fähigkeit, sich an winzigsten Details zu erfreuen und sich vollkommen in einer selbst geschaffenen Fantasiewelt zu verlieren. Ich denke mal, das ist der Ursprung aller Kreativität. Je mehr man sich diese Fähigkeit bewahrt, umso kreativer kann man überhaupt sein. Genau darum ist Hans Christian Andersen eines meiner erklärten Vorbilder. Er verkörperte die kultivierte und ins Erwachsenenleben hinüber gerettete Naivität und bewahrte sie bis zum Schluss. Seit ich ein Kind habe, kann ich diese Freude am Detail jeden Tag bewundern. Nichts lässt mein Herz mehr aufgehen als die hingebungsvolle Begeisterung, mit der ein Kleinkind sich minutenlang vollkommenen Nebensächlichkeiten widmen kann. Sei es nun die inzwischen völlig zerdrückte Schachtel mit den Stilleinlagen oder die Schnur, mit der das Nestchen seines Laufgitters an ebenjenem befestigt ist - er lässt sich immer wieder von seiner Faszination hinreißen. Alles ist neu, aufregend und muss erkundet werden.
Vorgestern waren wir beim Bowling und hatten ihn natürlich dabei. Selbstverständlich war die Bowlingbahn interessant (vor allem die flimmernden Anzeigen), aber was ihn am Ende wirklich fesselte, waren zwei Schraubenlöcher in der Holzbank, auf der wir saßen. Mein Sohn stand stundenlang davor, fingerte an den Schraubenköpfen herum, patschte darauf, lachte und brabbelte vor sich hin. Mir wären die Löcher nicht mal aufgefallen!
Genau hier kommt Pu der Bär ins Spiel. Ich denke mal, dass die Disney-Adaption allseits bekannt ist. Die Literaturvorlage von Alan Alexander Milne dagegen ist möglicherweise nicht ganz so präsent. Dabei habe ich selten eine so gekonnte Beschreibung der kindlichen Fantasiewelt gelesen, die gleichzeitig Kindern und Erwachsenen (sofern sie sich darauf einlassen können) eine Gänsehaut bescheren kann. Ich selbst habe es jetzt komplett vorgelesen. Während mein Sohn eigentlich überhaupt nicht zuhörte, war ich völlig gefesselt davon.
Oberflächlich gesehen geht es um die Abenteuer eines dummen, kleinen Bären, der mit seinen Freunden (die im Laufe des Buches zahlreicher werden) scheinbar alltägliche Probleme bewältigt. Geschrieben sind die Geschichten aus einer einzigartigen, schwer beschreibbaren Perspektive - der des Vaters, der sie seinem Sohn Christopher Robin erzählt und ihm dabei quasi einredet, sie selbst erlebt zu haben. Trotzdem sieht der Leser diese Welt durch die Augen des Bären, der sich keine andere Fortbewegungsart vorstellen kann als der, an einem Bein durch die Gegend geschleift zu werden und dabei mit dem Hinterkopf den Boden zu berühren (wobei er in den Geschichten aber durchaus selbst läuft).
Dahinter steckt eine Mischung aus Philosophie, feinsinnigem Humor, Wehmut und der Sehnsucht nach den vielen Kuscheltieren, die einst die besten Freunde waren. Besonders in die Figur des I-Ah kann sich eigentlich nur ein Erwachsener hinein versetzen. Oder ist es nur das, was sich ein Kind unter einem griesgrämigen Erwachsenen vorstellt? Diese Deutung überlasse ich gern dem Leser.
Fest steht, dass auch Christopher Robin älter wird - das merkt man einfach von Geschichte zu Geschichte.

Wie genau es endet und warum dieses Ende wirklich zu Tränen rühren kann, verrate ich natürlich nicht zur Gänze. Ich empfehle einfach wärmstens, dieses Buch zu lesen.
Und falls irgendwo im Schrank noch das allererste Kuscheltier liegt: Nehmen Sie es in einem unbeobachteten Moment einfach mal heraus und überlegen Sie, wann Sie aufgehört haben, sich ernsthaft mit ihm zu unterhalten. Es wird Sie vorwurfs- aber auch ein wenig verständnisvoll ansehen. Denn wie Christopher Robin entdeckt, muss man irgendwann damit aufhören. Man muss aufhören, gar nichts zu tun: "Sie lassen einen nicht..."
Aber wenn wirklich niemand hinguckt, kann man es ja doch mal anlächeln und fest drücken. Es wird niemandem was verraten - versprochen.

Samstag, 1. März 2014

Schwangere Männer und ein geläufiges Vorurteil

"Wenn Männer die Kinder bekommen müssten, wäre die Menschheit längst ausgestorben."

Das ist ein Satz, den ich nun schon mehrfach gehört oder gelesen habe. Dabei geht es um die unvorstellbaren Schmerzen der Geburt, die Frauen wohl besser ertragen können als wir scheinbar manchmal etwas zimperlicheren Männer.
Nein, ich möchte jetzt keine Frauen-Männer-Diskussion vom Zaun brechen. Es geht mir allein um diesen Satz, der mich nachdenklich gemacht hat. Wäre es wirklich so?

Um die Sache abzukürzen: Nein, ich glaube das nicht. Im Folgenden will ich das gern begründen.
Zunächst die Sache mit der Schmerzempfindlichkeit: Es ist einfach nur ein Vorurteil. Ich werde hier keine Links setzen, aber wer mal nach den Begriffen "Männer+Schmerzempfinden" googelt, wird überraschenderweise auf Studienergebnisse stoßen, die diese Binsenweisheit widerlegen oder zumindest relativieren. Scheinbar haben Frauen sogar eine -statistisch gesehen- geringere Schmerztoleranz. Hätte ich ehrlich gesagt selbst nicht erwartet. Bis ich ein wenig für diesen Beitrag recherchiert habe, bin ich davon ausgegangen, dass diese Schmerztoleranz in etwa gleich ist - und nur die Reaktion darauf unterschiedlich ist. Schließlich habe ich durchaus das Gefühl, dass wir Männer wesentlich mehr vom Ego getrieben werden als Frauen. Oder ist das auch nur ein Vorurteil? Wenn es das nicht ist, könnte es doch sein, dass wir Männer vielleicht ein klein wenig theatralischer "leiden", um darauf aufmerksam zu machen, wie leidensfähig wir doch sind. Liege ich falsch? Man korrigiere mich gern per Kommentar.

Nun impliziert der Satz, um den es hier geht, die These, dass wir Männer eine Schwangerschaft um jeden Preis vermeiden würden, um dem Geburtsschmerz zu entgehen. Und hier liegt ein kleiner logischer Fehler: Niemand kann sich diese Schmerzen vorstellen, der sie noch nicht erlebt hat. Auch werdende Mütter nicht. Somit wäre die erste Schwangerschaft auch für besonders wehleidige Männer Neuland: Sie wüssten ja nicht, was da auf sie zu kommt. Und wenn das Kind im wie auch immer gearteten Geburtskanal wäre (ich will mir diesen gar nicht erst vorstellen), wäre es zu spät für Reue.

Nun die Sache mit dem Aussterben, denn statistisch gesehen ist ja ein Kind zu wenig, um das Überleben der Spezies zu sichern: Die nächsten Schwangerschaften würden trotzdem zustande kommen, auch nach den schmerzhaften Erfahrungen der ersten Geburt. Die Motivation, noch so ein süßes Bündel ans Licht der Welt zu bringen, ist einfach viel zu hoch. Das beweisen jährlich Mütter im dreistelligen Millionenbereich - global betrachtet. Biologisch gesehen sind Kinder der Sinn unseres Lebens, und Mutter Natur hat da eine Menge Tricks auf Lager. Ich sage nur "Kindchenschema". Väter sind dagegen ebenso wenig immun wie Mütter, und auch sie würden es wieder tun, wenn die Umstände passen.

Damit kommen wir zum Ego zurück - und zu meiner gewagten These, dass wir Männer unsere Schmerzen gern ein wenig zur Schau stellen: Allein die Tatsache, Vater zu sein, ist die ultimative Bestätigung. Würde sich ein Mann tatsächlich die Gelegenheit entgehen lassen, die Mutter aller Schmerzen zu ertragen und sich damit brüsten zu können? Bestimmt nicht.

Das erinnert mich - und spätestens jetzt steigen sicher einige Leser aus - irgendwie an "Der Wüstenplanet". Nur weibliche Bene Gesserit überleben die Agonie. Könnte es ein Mann, wäre er der Kwisatz Haderach - die Abkürzung des Weges. Ob Frank Herbert an diese Assoziation gedacht hat? Naja, dieser letzte Absatz kann gern überflogen werden. Die Uhr zeigt 00:29, und vermutlich sollte man um diese Zeit einfach keine Blogartikel schreiben.

Sonntag, 16. Februar 2014

"Ihre Hormone toben..."

Schonmal einen Newsletter zum Thema Schwangerschaft abonniert, um über die Entwicklung des eigenen Kindes auf dem Laufenden zu bleiben? Ich habe es getan, sogar mehrere davon landeten regelmäßig in meinem Posteingang. Dabei habe ich mich gleichzeitig köstlich amüsiert und geärgert. Wenn ich schon bei der Anmeldung auf einer der vielen tollen Informationsseiten angeben kann, dass ich männlich bin - warum bekomme ich Texte, die ganz eindeutig an die werdende Mutter gerichtet sind? Die Formulierungen sind ausschließlich so gestrickt, dass sich das weibliche Publikum angesprochen fühlt, während sich der männliche Leser wie ein Zaungast fühlt.
Da wurde mir anfangs mitgeteilt, dass meine Brüste jetzt langsam wachsen müssten und die Brustwarzen empfindlich werden könnten. Haha, danke für den Tipp. Später durfte ich lesen, dass mein Körper jetzt von Hormonen durchtobt wird. Zugegeben, Sympathieschwangerschaften sollen öfter mal vorkommen - aber ich würde es nicht unbedingt zur Regel erklären.
Deshalb eine Bitte an die Autoren solcher Newsletter: Bitte schreibt entweder zwei Textversionen (eine für werdende Mütter, eine für werdende Väter) oder formuliert sie so neutral, dass der Mann, der gern wissen möchte, wie sich sein Nachwuchs jetzt gerade entwickelt, sich nicht wie ein Spanner fühlt, der fremde Briefe liest.

Und damit komme ich zur nächsten Stufe: Auf richtigem Papier gedruckte Magazine zum Thema Kindererziehung. Eines davon habe ich abonniert, ich werde aber mal keine konkreten Namen nennen. Diese Magazine gehen wesentlich professioneller vor und schildern mehr aus der beobachtenden Perspektive. Natürlich gibt es auch da Themen, die naturgemäß eher für Frauen interessant sind, aber eine gewisse Ausgewogenheit ist zu beobachten. In dem Magazin, das ich da abonniert habe, ist sogar der sehr erfreuliche Trend zu beobachten, ganz bewusst Themen für Väter bieten zu wollen. Nur eine Sache stört mich wirklich sehr. Ich bin viel mit der Straßenbahn unterwegs und lese die Zeitung deshalb fast nur dort. Dabei ist es wirklich sehr, sehr peinlich, wenn ich eine Seite aufschlage und eine riesige Werbeanzeige zum Thema Scheidentrockenheit vor mir habe. Nein, das ist kein Einzelfall. Diese Zeitungen sind ganz offensichtlich nicht dafür optimiert worden, in der Öffentlichkeit gelesen zu werden. Das fängt bei den großen Überschriften an, geht mit den Bildern zum Artikel weiter und hört bei den erwähnten Werbeanzeigen auf. Ich finde es völlig in Ordnung, wenn meine Sitznachbarn sehen, dass ich ein derartiges Magazin lese, im Gegenteil. Dummerweise sieht man das eben nicht gleich. Manchmal sieht es aus, als hätte man ein Boulevardmagazin vor sich, manchmal... naja, nennen wir es "gynäkologische Fachzeitschrift". Kann man es nicht irgendwie so designen, dass auf jeder Seite klar sichtbar wird, dass hier ein aufgeklärter Mensch seine Straßenbahnzeit in Weiterbildung zum Thema Kindeswohl investiert?

Fazit: Die Medien, die sich auf Eltern spezialisiert haben, kennen ihr Publikum durchaus. Immer wieder liest man, dass zunehmend auch die Väter aktiv mitmischen wollen, wenn es um ihren Nachwuchs geht. Die gleichen Medien haben sich meiner Meinung nach aber noch nicht komplett auf diese "neue" Zielgruppe eingestellt. Ein positiver Trend ist zu erkennen, aber es gibt noch viel zu tun. Ich werde diese Entwicklung auf jeden Fall aufmerksam beobachten - und vielleicht später wieder darüber schreiben, wenn sich etwas verändert hat.

Mittwoch, 12. Februar 2014

Vorstellung

Na toll, noch ein Blog übers Vatersein. Als ob es nicht schon andere Blogs zu diesem Thema gäbe. Unter diesen anderen Blogs gibt es Seiten, die ich wirklich gern lese, und sie beleuchten die Thematik tiefgreifend und aus vielen Perspektiven. Aber muss ich deshalb nur in der Rolle des Konsumenten bleiben? Natürlich nicht. Nichts geht darüber, eigene Erfahrungen zu teilen und so die viel beschworene "Blogosphäre" um einen winzigen weiteren Puzzlestein zu erweitern.
Im Prinzip hat mir der befreundete Blogger Henning Uhle mit seinen Beiträgen Mut gemacht, diese Seite einzurichten, obwohl ich nicht wirklich glaube, dafür mehr Zeit zu haben, als für meinen Blog "Seraphenfeuer", auf dem ich ein paar lyrische Ergüsse gesammelt habe.

Trotzdem. Der Name "Nuckelsuppe" schwebt mir im Kopf herum, seit ich die ersten Nuckel und Flaschenaufsätze in einem großen Topf ausgekocht habe. Während ich den Silikonteilen beim Blubbern zusah, nahm ich mir vor, irgendwann einen Blog mit genau diesem Titel anzufangen. Dabei müsste ich als Informatiker dieser Seite einen überaus kreativen Namen wie "YAFB" (Yet Another Fatherhood Blog) geben. Aber es ist ja keine Software, sondern eine Art Tagebuch. Und da wären wir nun. Ich gelobe, so oft wie möglich etwas in diesem Blog zu veröffentlichen. Vielleicht finden sich ja auch ein paar Gastautoren, die die Veröffentlichungsrate konstant halten... schaumermal.

Ich gedenke, die Beiträge in sehr ungezwungenem Stil zu formulieren. Mein erster Beitrag wird sich vermutlich einigen Magazinen widmen, die zum Thema Kindererziehung die Regale bevölkern - und wo sie in Bezug auf eine gewisse Zielgruppe dringend noch etwas herumfeilen müssten.

Ach ja: Soweit nicht anders angegeben, werde ich alle Beiträge unter Creative Commons BY-NC-SA-Lizenz veröffentlichen. Ich habe nicht vor, mit diesem Blog auch nur einen Cent zu verdienen.